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Micro- und Nano-Hüftgelenke

Unsere Fachgebiete

Seit 2019 ist die Tierklinik Aarau West in der glücklichen Lage, als eine der ersten Kliniken in der Schweiz anspruchsvolle Hüftgelenksoperationen für Kleinhunde und Katzen durchführen zu dürfen. Früher war das nur für Hunde ab 20 Kilogramm Körpergewicht möglich. Dank der Entwicklung neuer, sehr kleiner Implantate, Anpassungen im chirurgischen Instrumentarium sowie der Operationstechnik ist es jetzt möglich, bei Kleinstrassen wie etwa Chihuahua, Rehpinscher oder Yorkshire Terrier und auch bei Katzen ein künstliches Hüftgelenk zu implantieren.

 

Wann braucht es ein künstliches Hüftgelenk?

Wie beim Menschen gibt es auch bei Vierbeinern diverse Erkrankungen, die dazu führen, dass ein Hüftgelenk nur noch schlecht funktioniert und starke Schmerzen verursacht. Eine chirurgische Lösung ist oft die letzte Option, um die Lebensqualität der Patienten wieder deutlich zu verbessern, im besten Fall die Beschwerden sogar wieder komplett verschwinden zu lassen. Die bekannteste Ursache für Hüftgelenksbeschwerden bei Tieren ist die Hüftgelenksdysplasie (HD). HD wird vererbt und entsteht dadurch, dass der Oberschenkelkopf zu wenig tief in der Hüftpfanne liegt und so das Gelenk zulocker ist. Durch die Lockerheit, respektive das schlechte Zusammenpassen von Kopf und Pfanne, entsteht im Laufe des Lebens Arthrose, die oft zu Beschwerden führt. Nicht selten haben Hunde mit einer hochgradigen HD bereits in den ersten Lebensjahren Probleme, noch bevor sich eine starke Arthrose entwickelt hat.

 

Schlechte Durchblutung mit Folgen

Weitere bekannte Erkrankungen sind Oberschenkelkopf- und Oberschenkelhalserkrankungen, die sich im Verlauf des Wachstums infolge einer schlechten Durchblutung entwickeln. Ein Beispiel dafür ist die aseptische Femurkopfnekrose (Legg calvé perthes). Diese Erkrankung kommt vor allem bei kleinen Rassen vor. Dabei kommt es zum Absterben (Nekrosen) des Oberschenkelkopfes, der dann kollabiert und sich komplett deformiert, was mit starken Schmerzen verbunden ist. Vor allem bei «Main Coon»-Katzen sehen wir eine ähnliche Erkrankung im Oberschenkelhals. Hier wird der Oberschenkelhals so schwach, dass es zu einem Oberschenkelhalsbruch kommt. Die dritte grosse Patientengruppe sind Unfallpatienten, die sich das Hüftgelenk ausrenken und sich gleichzeitig so unglückliche Verletzungen zuziehen, dass das Gelenk chirurgisch nicht gerettet werden kann, weil zum Beispiel ein Teil des Oberschenkelkopfs oder des Pfannenrands gebrochen ist.

 

Symptome nicht immer klar sichtbar

Wie merke ich als Hunde- oder Katzenbesitzer, dass mein Tier Beschwerden mit den Hüftgelenken hat? Auf Anhieb sind diese meistens gar nicht so klar sichtbar. Insbesondere bei Tieren mit vererbter HD sieht man kaum ein Hinken mit den Hinterbeinen, da ja oft beide Hüftgelenke betroffen sind. Was man aber bei guter Beobachtung feststellen kann, ist, dass das Körpergewicht mehr auf die Vorderbeine verlagert wird. Später stellt man eine Reduktion der Aktivität fest. Tiere ermüden rascher oder wollen nicht mehr lange laufen. Hunde legen sich viel öfter hin, haben Mühe mit Sprüngen (zum Beispiel ins Auto) oder meiden Treppen. Katzen sind noch viel besser im Verstecken der Symptome. Mühe mit Aufstehen oder Sprungunlust sind hier die ersten Anzeichen, dass eventuell etwas mit den Hüftgelenken nicht mehr in Ordnung ist. Mit der Zeit zeigen dann die meisten Tiere im Alltag ein Hinken, was als deutliches Zeichen von Beschwerden interpretiert werden sollte. Falls Ihr Haustier solche Symptome zeigt, raten wir zu einer orthopädischen Sprechstunde beim Tierarzt. Hier wird mittels der Schilderung der Symptome (Anamnese), dem klinischen Untersuchungsgang und dann meistens anhand von Röntgenbildern die Diagnose gestellt.

 

Problem erkannt – doch was nun?

Wenn die Diagnose einer schweren Hüftgelenkserkrankung vorliegt, sollten zusammen mit einem Orthopäden die möglichen Behandlungsoptionen besprochen werden. Dabei gilt es die für die Entscheidung wichtigen Punkte zu erörtern. Dazu gehören die Einschätzung der aktuellen Reduktion der Lebensqualität gegenüber dem zu erwartenden Resultat einer Operation; das Abwägen von Erfolgschancen eines Eingriffs gegenüber den allfälligen Risiken, die jeder Eingriff mit sich bringt; der Gesundheitszustand und das Alter des Patienten – und nicht zuletzt das zur Verfügung stehende Budget. Zu den möglichen Behandlungen gehört auch eine nicht-chirurgische Therapie. Diese beinhaltet ein Bewegungs- und Gewichtsmanagement, Physiotherapie, Entzündungshemmer und meist ein Futtermittelzusatz, der sich positiv auf die Gelenksfunktion auswirken sollte. Chirurgisch gibt es bei unseren Haustieren zwei Hauptmöglichkeiten, eine Hüftgelenksarthrose zu behandeln: Die Oberschenkelkopfund Oberschenkelhalsentfernung (Femurkopfresektion) oder das Einsetzen eines totalen Hüftgelenkersatzes, also einer Prothese.

 

Femurkopfresektion

Wenn man zum ersten Mal hört, dass einem Haustier der Femurkopf abgetrennt und nicht ersetzt werden soll, das heisst, das Gelenk komplett zerstört wird, kann man sich kaum vorstellen, dass das eine gute Lösung sein kann. Doch: Indem der Femurkopf chirurgisch entfernt wird, wird auch die Schmerzquelle entfernt, die durch das «Nicht-Zusammenpassen» von Kopf und Pfanne entstanden ist. Daraus resultieren deutlich weniger Schmerzen, meist zum Preis einer etwas reduzierten Funktion des Hinterbeins.

 

Wichtige Funktion der Muskeln


Das Bein wird nach der Operation mit der Muskulatur am Körper behalten, und die vorher schmerzende Stelle wird einfach übergangen. Es ist erstaunlich zu sehen, wie gut vor allem leichtere Hunde und Katzen nach dieser Operation mit dem Alltag zurechtkommen. Katzen brauchen einige Wochen Hausruhe und gehen nicht selten nach einem Monat praktisch beschwerdefrei wieder nach draussen und bewegen sich fast oder ganz lahmheitsfrei. Auch Hunde können nach der Rehabilitation, die ein oder zwei Monate dauert, wieder mehr als eine Stunde am Stück laufen und herumspringen. Wenn man die Tiere ein oder zwei Jahre nach der Operation untersucht, stellt man meist eine schlechtere Bemuskelung und einen eingeschränkten Bewegungsumfang des betroffenen Hinterbeins fest. Das sind sekundäre Hinweise darauf, dass das Bein nicht zu 100 Prozent wie früher belastet wird. Zusammenfassend kann man aber sagen, dass sich die Femurkopfresektion bei vielen Patienten bewährt und sich die Lebensqualität deutlich verbessert hat.

 

Hüftgelenksprothese

Wenn ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt wird, wird das komplette Hüftgelenk durch eine Prothese ersetzt. Der grosse Vorteil bei dieser Operation ist, dass der Patient bezüglich Funktion und der zu erwartenden Schmerzen, bei Gelingen der Operation, ein sehr gutes Resultat erwarten darf. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie rasch sich die Patienten vom Eingriff erholen, wie gut sie laufen und wie glücklich die Besitzer sind, dass sie sich zu diesem Eingriff entschieden haben. Die Operation ist etwas komplexer und darf nur durch zertifizierte Chirurgen durchgeführt werden. Die Prothese besteht aus drei oder vier verschiedenen Komponenten, natürlich alle in diversen Grössen erhältlich: Der Stamm, der in den Oberschenkelkochen eingebaut wird; der Hals mit dem aufgesetzten Kopf und als Gegenspieler die Gelenkspfanne, meistens aus einem Polyethylen.

 

Operation von bis zu zwei Stunden

In einem ersten Schritt wird der Oberschenkelkopf und ein Teil des Oberschenkelhalses entfernt, dann wird der Oberschenkelknochen ausgefeilt und für den korrekten Sitz des Stamms vorbereitet. Danach wird der offene Kanal mit Knochenzement gefüllt, die Prothese eingeführt und durch den rasch aushärtenden Zement fixiert. In der Folge wird die Gelenkpfanne mit speziellen Fräsen ausgefräst, und wenn alle geplanten Winkelungen perfekt sind, wird auch hier die künstliche Pfanne mit Zement fixiert. Zu guter Letzt wird der Kopf auf den Stamm, respektive den Hals aufgesetzt und das neue Gelenk reduziert (eingerenkt). Wenn das neue Gelenk sämtliche intra-operativen Tests bezüglich Ausrenkungsgefahr positiv übersteht, wird die chirurgische Wunde verschlossen. Der Eingriff dauert – abhängig von der Komplexität des Falles – zwischen eineinhalb und zwei Stunden.

 

Nach Schonung wieder normales Leben  möglich

Normalerweise werden Patienten, die ein künstliches Hüftgelenk erhalten haben, zwei bis drei Tage nach der Operation entlassen. Die ersten zwei Monate nach der Operation müssen sie aufgrund der latenten Gefahr, dass das Gelenk wegen den noch heilenden Muskeln ausrenken kann, sehr ruhig gehalten werden. Den dritten Monat sollten sie an der Leine ausgeführt werden, danach dürfen sie wieder ein normales Leben mit vollen Belastungen geniessen. Patienten mit künstlichen Hüftgelenken werden zu einer jährlichen Kontrolle aufgeboten. So kann man den Verlauf beobachten und anhand der Röntgenbilder – hoffentlich – bestätigen, dass alles gut aussieht und der Besitzer sein Haustier mit einem guten Gefühl das machen lassen darf, was es am liebsten macht: Spazieren, Wandern, Joggen, Schwimmen, Spielen – und Vollgas geben!

 

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